Reise ans Ende der Feuchte

6/10/2023

Beim Räuchern spielt die Feuchte eine entscheidende Rolle. Doch je nach Produkt, je nach Anlage, je nach Rezept muss die Feuchte anders funktionieren.

Fleisch ist ein Naturprodukt. Vom Schwein bis zur Salami oder vom Rind bis zum Mostbröckli ist es ein komplexer Prozess mit vielen verschiedenen Schritten. In diesem Beitrag haben wir ein Nachschlagewerk für die Feuchte geschrieben: Wie die Feuchte in einer (Räucher-)Anlage funktioniert und welche verschiedenen Methoden es zur Feuchteregulierung gibt. 

Themen:

Feuchtemessung mit zwei Fühlern
Feuchtemessung elektrisch
Trocknen
Entfeuchten mit Klappen
Entfeuchten mit Kühlung
Entfeuchten mit Pausen
pH-Wert gesteuertes Entfeuchten
Garen - Backen mit Entfeuchtung
Befeuchten
Kochen und Feuchte
Klima mit Feuchtespreizung
Feuchteverlauf beim Räuchern: offen
Feuchteverlauf beim Räuchern: geschlossen

Feuchtemessung mit zwei Fühlern

Die Messung der Feuchte in einer Räucheranlage erfolgt mithilfe einer Feuchte-Messstelle, die nach dem Prinzip der Psychrometrie funktioniert. Diese Stelle hat typischerweise zwei Temperaturfühler. Einen Fühler im Trockenen (Raumtemperatur) und einen im Nassen, mit einem Feuchtelappen, der im Wasser hängt.

Psychrometrische Messstelle

Durch den Luftstrom, der über die Messstelle streicht (mindestens 2m/s), verdunstet das Wasser am Feuchtefühler. Dadurch misst der Feuchtefühler je nach Feuchtegehalt der Luft einen tieferen Wert als der Trockenfühler. Durch den Temperaturunterschied von der Feuchte und dem trockenen Sensor lässt sich mit einer Proportionalformel die relative Feuchte berechnen. Diese Rechnung macht die Steuerung automatisch.

Ist die Anlage schlecht kalibriert, kann schon ein Fehler von 1°C eine Abweichung von bis zu 7% relative Feuchte resultieren. 

Moltonlappen

Feuchtemessung elektrisch

In einem Raum ohne Teer (ohne Raucherzeuger) kann die Feuchte auch elektrisch berechnet werden. Eine kleine Box wird in der Kammer installiert und diese sendet der Steuerung die relative Feuchte als elektrisches Signal zurück. Die Steuerung muss dann nichts mehr selbst berechnen – die Kalibration ist schon vorgängig gemacht. Es muss kein Wasser aufgefüllt und auch keine Feuchtelappen gewechselt werden.

Elektronischer Temperatur- und Feuchtefühler

Trocknen

Trocknen ist der klassischste aller Schritte. Klappen für die Frischluft und Abluft sind offen, Luft wird in die Kammer gesogen. Die Luft geht um das Produkt und nimmt die Feuchte auf. Und dann wird durch die Abluft die Luft wieder abgetragen. Das Produkt wird stetig trockener.

Entfeuchten mit Klappen

Wenn das Produkt zu trocken ist, kann es sich verschliessen und nur noch schwer Feuchte abgeben. Deshalb lässt sich bei einem Trocknungsschritt eine Minimalfeuchte einstellen. Beispielsweise 40%. Sinkt die Feuchte auf unter 40% - dann schliessen Frisch- und Abluftklappe. Das Produkt bekommt keine neue, trockene Luft und kann selbst wieder Feuchte abgeben. Die Feuchte steigt automatisch wieder an, bis der gewählte Feuchtewert überschritten wird, dann öffnen die Klappen wieder. So kann die Feuchte optimal abgetragen werden.

Entfeuchten mit Kühlung

Im Kaltrauchbereich lässt sich die Feuchte auch mit einer Kühlung abtragen. Die Feuchte geht nicht über Frisch- und Abluftklappe weg, sondern zirkuliert zwischen Kühl- und Heizregister und Kammer. Ist die Feuchte zu hoch, wird die Kühlung eingeschaltet. Warme Luft kondensiert beim Weg durch die Kühlung und unterhalb der Kühlung läuft das Wasser ab. Das Produkt verliert an Feuchte – und Gewicht.

Entfeuchten mit Pausen

Ein Produkt, das ständig mit Luft behandelt wird, kann seine Oberfläche verschliessen und aussen trocken und innen noch ganz fleischig sein. Ist keine Möglichkeit zur genauen Feuchtemessung vorhanden, lässt sich mit Trocknen + Pause im Intervall auch eine Abtrocknung bis an den Kern des Produkts hinkriegen. Man trocknet die Ware ab und macht dann eine Pause. Während der Pause gibt es keine Heizung, keine Umluft und keine Kühlung. Die Klappen sind geschlossen. In der Pause erholt sich das Produkt und die Feuchte wird von innen nach aussen getragen.

pH-Wert gesteuertes Entfeuchten

Besonders bei der Herstellung von Salami spielt der pH-Wert eine wichtige Rolle. Salami muss zuerst geschwitzt werden, bevor sie im Klimaschritt getrocknet wird. Erst wenn der pH-Wert seinen isoelektrischen Punkt von ca. 5.3 bis 5.2 pH erreicht hat, ist die Entfeuchtung optimal. Der pH-Wert Fühler lässt sich im Produkt einstecken. Dieser Prozess erfordert zunächst das Schwitzen des Produkts, um den pH-Wert zu senken und die Feuchteabgabe zu ermöglichen.

pH-Elektrode

Garen - Backen mit Entfeuchtung

Wird in der Anlage zum Beispiel Fleischkäse gebacken, so sind alle Klappen geschlossen. Das Produkt selbst verliert Wasser – welches bei hohen Temperaturen zu Dampf wird. Durch die ansteigende Feuchte wechselt der Prozess von Backen zu Kochen. Damit das nicht passiert, muss in regelmässigen Abständen beim Garen die Abluftklappe aufgehen, damit die angestaute Feuchte entweicht und die beliebte Kruste entstehen kann.

Befeuchten

Es gibt auch Varianten der Anlage Feuchte hinzuzufügen – welche nicht vom Produkt kommen soll. Die Feuchteregulierung kann auf verschiedene Weisen erfolgen. Eine Möglichkeit ist das künstliche Befeuchten der Luft in der Anlage, beispielsweise durch das Einspritzen von Wasser. Wie in «Entfeuchten mit Klappen» beschrieben, kann auch die natürliche Feuchte des Produkts genutzt werden, um die Feuchte in der Anlage zu erhöhen.

Kochen und Feuchte

Wer sein Produkt kochen will – braucht Feuchte. Je höher die Feuchte in einer Kammer, desto besser ist die Temperaturübertragung. Feuchte wird meistens über einen Takt hinzugefügt – bis die gewünschte, eingestellte Feuchte erreicht wurde. Kochen hat gewöhnlich eine relative Feuchte über 90%. Fehlt die Feuchte, neigt das Produkt (Brühwurst) dazu, «schrumpelig» zu werden.

Klima mit Feuchtespreizung

Klimaprozesse sind mit einem Feuchteband definiert.

Beispielsweise muss die relative Feuchte 72% +3% und -6% sein.

Die Anlage befeuchtet oder entfeuchtet also erst, wenn die Feuchte unter 66% oder über 75% steigt. Innerhalb des eingestellten Feuchtebandes hat das Produkt Zeit, Feuchte aufzubauen und diese dann wieder abzutragen.

Feuchteband gesteuerter Prozess mit der EB1-Steuerung

Feuchteverlauf beim Räuchern: offen

In einer offenen Anlage ist die Frischluftklappe während eines Rauchschritts leicht geöffnet. Die neue Luft trocknet das Produkt weiter ab – es ist wichtig, dass beim Start vom Rauchprozess die Feuchte nicht zu tief ist. Denn dann kann es sein, dass der Rauch vom trockenen Darm nicht mehr aufgenommen wird.

Feuchteverlauf beim Räuchern: geschlossen

In einer geschlossenen Anlage nimmt die Feuchte beim Rauchprozess stetig zu. Der Rauch ist feucht und da keine Frischluft dazukommt, nimmt der Darm die Feuchte auf und wird rauchdurchlässig. Der Rauch geht unter die Haut und es entsteht ein Rauchrand. Wichtig ist, dass vor dem Rauchschritt das Produkt gleichmässig abgetrocknet ist.

Für eine persönliche Beratung rufen Sie uns an: +41 71 634 60 50

Weitere Beiträge

Alle Beiträge

Kontaktieren Sie uns

icon contact

Haben Sie Fragen oder möchten Sie eine Offerte?